Freitag, 30. Juli 2010

Wie schauts eigentlich in mir aus?

Ja ist es denn zu glauben, jetzt bin ich doch schon 2 Monate hier.....Was???? schon 2 Monate, ein Drittel schon rum, daher mal eine etwas persönliche Sicht meiner Gefühlswelt hier. Wie man ja mitbekommen hat ist hier schon alles sehr anders ;o)

Am Anfang kommt man hier an und möchte am liebsten alles fotografisch festhalten und die Augenblicke jeden für sich einfangen, weil alles so speziell, neu, faszinieren, skuril oder wie auch immer ist, das man sich jeden Moment sagt "Ja das gibts doch gar nicht, das glaubt einem ja kein Mensch"...man hat ja viele Vorstellungen, aber die Wirklichkeit übertrifft diese Vorstellungen um Längen. Man kommt also im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Staunen, im positiven wie auch im negativen Sinne nicht mehr heraus. Und mit der Zeit wird das dann zur Normalität, ja man wird Teil des ganzen Ablaufes, was auf der einen Seite extrem wichtig ist um hier leben zu können auf der anderen Seite schade weil einem diese kindliche Faszination ("Ui schau mal hier, oh nein dort!!!") verloren geht.
Wie war bzw. ist das für mich?
Also die ersten 2 Wochen ist das ganze wie in einem Kinofilm, einfach unglaublich und dann mit all dem scheinbaren Chaos hier. Nach 2-3 Wochen war es dann so, das ein Umdenken einsetzt. D.h. es kommt so das Einsehen, das hier ist die Realität!!!!!! Und noch mehr, wie um alles in der Welt soll ich das hier meistern, noch dazu 6 Monate. Also konkret, ich habe jeden Tag Fälle, die ich noch nie in meinem Leben gesehen habe und wo ich keine Ahnung habe wie ich sie behandeln soll. Wenn doch so sind das häufig Operationen, die ich noch nie durchgeführt habe. Und wenn doch so verkompliziert die hiesige Infrastruktur auch die einfachsten Sachen.... Der Kobold aus Verantwortung gepaart mit dem Wissen der eigenen und vorgegebenen Unzulänglichkeiten lastet dann sehr schwer auf den Schultern. Dazu kommt das allgegenwärtige Chaos, wo man keine Ahnung hat wie und wo anfangen......
Nach so 3 Wochen hab ich mir wirklich gedacht, wie soll ich das hier blos schaffen, psychisch vor alllem, das war wie so ein beginnender burn out.
Und dann beginnt so ein bischen das Umdenken, man wird so ein bischen afrikanischer in der Einstellung, die Fälle hier stehen einfach in keinem Lehrbuch, man muss sich hier einfach mit ein bischen sehr viel Kreativität Lösungen erarbeiten und wenn es nicht klappt, -so what-dann ist das halt so - Schicksal, aber man hat sein bestes versucht. Diese Denkweise ist hier die Überlebensstrategie, zumindest für mich. Mitgefühl ja, Mitleid nein.
Und dazu kommt dann noch, dass man mit der Zeit feststellt, hey das ist zwar Chaos, aber hat doch sein System, wenn auch sein ganz eigenes :o)) mit dem man lernt zu Arbeiten. Geht mittlerweile erstaunlich gut.
Und ab dem Zeitpunkt wird man selber wieder relaxter, so dass ich mir mittlerweile sicher bin, dass ich das hier schon schaffe und auch mein Leben hier wirklich geniesse -wenn auch natürlich immer noch mit Höhen und Tiefen, wie es ja auch normal ist-überall auf der Welt- und nicht nur in Afrika :o))) Und das Land und die Leute sind einfach echt toll.
Was mir hier extrem hilft ist das wir hier zu Zweit sind und ich mich mit Frederike natürlich gut austauschen kann -extrem wichtig (Ihr geht es ja in ihrem Bereich nicht viel anders), v.a in der schwierigen Anfangszeit!!!!
Was mir sonst geholfen hat ist, dass es einen Kollegen in der Schweiz gibt, der hier insgesamt 1 1/2 Jahre war und mit dem ich mich alle paar Wochen austausche und mit ihm die Fälle diskutieren kann -das tut sooooo gut, weil er weiss wie es hier läuf, und mich in meiner Arbeit hier bestätigt.

Ja und heute hat eine neue Zeitrechnung begonnen, Frederike ist zurückgeflogen und jetzt bin ich für den nächsten Monat ganz allein. Da bin ich auch mal gespannt wie das dann läuft, wird sicher wieder ne neue Herausforderung. ABER: In einem Monat kommt Patrizia, für alle die sie nicht kennen, eine Freundin und OP-Schwester aus Münsterlingen die ich dankenswerterweise hab überreden können mich hier für 2 Monate zu unterstützen und da freu ich mich schon sehr drauf!!!!!! Und mit diesem Ziel werd ich die nächsten Wochen schon schaukeln :o))))!!!!!!!!!

Sonntag, 25. Juli 2010

Was heisst eigentlich sauber??

Tja, Sauberkeit ist hier so ne Sache, ganz zu schweigen von Sterilität.....
Wo fang ich denn da am besten an, vielleicht mit der saubersten!! Toilette im ganzen Spital???

So dass man mal einen Grundeindruck hat. Das Klo im OP zeig ich jetzz mal besser nicht ;o).
Ach ja ausser den Patienten und Ihren Angehörigen und Mitarbeitern bevölkern natürlich noch viele andere Lebewesen das Spital.

....unmengen wilde Hunde (wie man sieht durchaus auch mit orthopädischen Problemen)

...Ziegen sind seltener, die hier war gerade vor unserer Spitalapotheke unterwegs....


...verschiedene Affen, die wieder in reichler Anzahl......

..und natürlich die Geier die meistens auf den Dächern warten, bis sich eine schöne Gelegenheit zum Fressen bietet...

Dazu noch viele Krähen und auf die ganzen Insekten komm ich später noch druf zu sprechen ;o))

Im OP ist es so, dass die OP- Kleidung durchaus gewaschen wird -aber selbstverständlich nicht jeden Tag-wäre ja eine Verschwendung von Ressourcen. Aber nicht nur die OP-Kleidung wir gewaschen, OP-Kittel (Gottseidank nach 1x Gebrauch), selbstverständlich alle Stoffabdeckungen, Bauchtücher und Mundschutze -ganz egal ob eigentlich als Einwegverwendung gedacht (es ist manchmal wirklich erstaunlich wie oft ein Papiermundschutz gewaschen und wiederverwendet werden kann........


...im Hintergrund sieht man übrigens 2 Personen aus unserem OP rausschauen, der geht auf diesen Hof, Fenster sind natürlich immer offen, wenn auch mit -löchrigen Fliegengittern geschützt....

Die Bauchtücher, OP-Mäntel und Abdeckungen werden, nachdem sie schön an der Leine getrocknel sind natürlich sterilisiert. Und damit wären wir schon beim nächsten Punkt unserem Steri (für alle nicht-Mediziner, das ist die ABteilung wo alle Dinge wieder aufsterilisiert werden.
Dafür gibts verschiedene Geräte, einen winzigen Heissluftofen, dessen Tür seit ewiger Zeit schon nicht mehr zugeht, aber der Kreativität mit verschiedensten Pflastern sind ja keine grenzen gesetzt......

Und der wird vom Personal hier heissgeliebt und daher immer randvoll gestopft, ob die Wirkung natürlich mit defekter Tür noch dieselbe ist..........................................................
Dann gibt es noch 2 grössere Geräte, die nicht ganz so desolat sind, aber auch fast immer randvoll gepackt werden.

Linda hat mal einen wunderbaren Test gemacht, sie hat einfach mal in ein gepacktes Sieb vor der Sterilisation eine lebende Kakerlake -die selbstverständlich neben Fliegen und Spinnen auch unseren Operationen beiwohnen und auch in sämtlichen OP-Räumen in ausreichender Zahl vorhanden sind- gesteckt, die nach der Sterilisation genauso quietschlebendig wie vorher aus dem Sieb gekrabbelt ist, es lebe die Hygiene in der Traumatologie!!!!!!!!! (OP-Schwester B aus M hätte schon längst einen Herzinfarkt, bitte nicht persönlich nehmen :o))))
Dann gibt es noch ein neues gesponsertes Gerät, nur das funktioniert nur mit destilliertem!!!!!! Wasser -wie schön, dass wir hier untertags meistens noch nicht mal Hahnenwassser haben, -welch unglaublich schlaue Spende!!!!!!!!

So, was braucht man sonst noch so alles zum Operieren??
Kompressen, die werden über den Tag hinweg vom Steri-Personal und von den OP-Schwestern feinsäuberlich gefaltet und dann sterilisiert.
Zusammen mit denn Verbänden und den Bauchtüchern stehen sie dann in Wunderbaren Metallbehältern im OP, wo sie je nach Bedarf mit einer Fasszange hersusgeholt werden und auf den Instrumentiertisch gelegt werden.

(dahinter im Übrigen die Durchreiche zum Steri)

Wie oft diese Zange gereinigt wird und was so in der Zwischenzeit sonst noch so mit ihr aufgehoben wird, will man gar nicht so geau wissen.
Oh, und dann haben wir natürlich noch Sauger und Diathermie. Die weden nach dem Waschen in einen Eimer, der am Boden steht gelegt, in dem angeblich Sidexlösung sein soll (hochpotentes eigentlich ätzendes Desinfektionsmittel), aber wenn Frederike und ich daran schnuppern riecht das ganze doch eher nach Seifenlauge.

Und wie man auf dem Foto sieht, schaut auch immer mindestens ein Teil aus der -wasauchimmer-Lösung heraus, ist also nie und nimmer wirklich steril, daher nehm ich auch wenn es sich irgendwie vermeiden lässt keinen Sauger, auf die Diathermie verzicht ich lang nicht so gern, seufz....
Soviel zu den Vorbereitungen.....die Handschuhe(es gibt nur die Grössen 7,5 8,5 und 9)sind durchaus als porös zu bezeichnen, ich bin oft genug froh bei bestimmten Operationen meine eigenen 7er dabei zu haben.
Zum Personal: Die OP-Schwestern sind fast alle wirklich sehr bemüht steril zu arbeiten, das Problem ist einfach, dass die allermeisten incl Anästhesi und Assistenten einfach keine Vorstellung haben was steril wirklich heisst und welche Bedeutung das insbesondere bei Osteosynthesen hat ( -wie auch bei den o.a. Grundvoraussetzungen....)
Kleine Anekdoten gefällig???
OP-Schwester steht steril am Tisch, da fällt Ihr ein, dass sie noch erinen Kaugummi im Mund hat der justament jetzt raus muss, also kurz mit der sterilen Hnad Mundschutz heruntergezogen, Kaugummi auf den Boden gespuckt, Mundschutz wieder hoch und weiter geht die OP....
Assistent hat besonders tollen (in meinen Augen höchst schwachsinnigen OP-Kittel an wo der Mundschutz sozusagen im Kittel integriert ist. Assistent freut sich aber darüber, weil das ja ein ganz besonderer Kittel ist und macht sich mit seinen sterilen Handschuhen den Mundschutz selber hinter dem Kopf zu.
Und von den Geschichten gibts wahrlich genug.....
Apropos Mundschutz, der hängt bei 50% aller Personen im OP unter der Nase....das freut den Rotz!!!!! Mich nicht!!!!

Na dann, es lebe die Sterilität :o)))!!!

Montag, 19. Juli 2010

Kurztrip in den Süden...oder soweit es die Zeit halt zulässt

So, nachdem wir jetzt ja schon knapp 7 Wochen hier sind und Frederike mich in 2 Wochen schon wieder verlässt haben wir uns überlegt ist es an der Zeit einen kleinen 5-tägigen Kurzurlaub zu machen. Wir wollten in den Süden....was man dazu wissen muss ist, dass man für den eigentlichen Süden Äthiopiens, das South Omo Valley mindestens 2 Wochen veranschlagen muss, weil die Strasssen dort so sind das man mit ca 20 km/h vorankommt -im 4x4 versteht sich, was anderes kann da gar nicht fahren. OK, wir haben uns dann damit begnügt Richtung Süden zu fahren, bis Konso, das ist sozusagen das Tor zum Omo Valley.
Es gibt zwar von Jimma eine Strasse Richtung Süden, die ist aber in der Regenzeit unbefahrbar.... Und aher muss man, wenn man da runter will von hier erstmal 350km nach Norden, nach Addis Abeba um von dort dann wieder 600 km in den Süden zu fahren. Und gute bzw. ordentliche Strassen heisst dann noch ned gleich asphaltiert und wenn asphaltiert, dann teilt man sich die Strasse ausser mit gelegentlichen Bussen/Lastern/Autos (die selbstverständlich bei uns alle keine Zulassung mehr hätten) mit Unmengen Menschen, Eseln, Buckelrindern, Hunden, Schafen und Ziegen. Also auf gut deutsch, man kommt ned gerade schnell voran. Somit haben wir die Tage ca. 40h im Auto gesessen und uns von unserem Guide quer durch Äthiopien fahren lassen :o)))

Zuerst einmal unser Guide, Afa, sehr nett, umgänglich und hilfsbereit:

....dann ein paar Impressionen unserer Strassen hier....

ja ich weiss unscharf, ist aber während der Fahrt aufgenommen, wir haben ja wiegesagt ausser schlafen die meiste Zeit im Auto verbracht..


Wie man sieht von guten Asphalt bis holprigem Sand es ist als Belag alles dabei und dementsprechend variiert das Fahrtempo zwischen 20-120km/h....(wobei mit 120km/h durch Kuhherden und spielende Kinder hindurch zufahren die max 20cm!!!! von einem entfernt sind verursacht auch gewisse Adrenalinspitzen......
Zuerst also über Addis nach Awassa wo es einen wunderbaren Fischmarkt gibt, wo man den Fischnoch am Boot kaufen kann..und auch roh probieren -Frederike hat sich den Genuss des äthiopischen Sushis angetan, ich ein paar Stunden später auch, gar nicht so schlecht.


natürlich gibt es auch andere Interessenten für den Fisch...


Danach gings weiter Richtung Süden zuerst in die Guge Mountains zu den Dorze, die ihr Geld mit Weben von, verschiedenen Stoffen verdienen,...bekannt sind v.a. die Deutschen Farben :o))) (rechts im Bild)


Zudem haben sie auch eine für sie eigene Hausbauweise, aus Bambus und geflochtenenBananenblättern. Die sind so miteinander verwoben, dass es keinen Mittelpfeiler braucht um Stabilität zu erreichen.

Die Haupthäuser sind 12m hoch, werden über die Jahre aber von den Termiten "gekürzt", so dass sie zum Schluss die Höhe haben wie man hier grad sieht...nur die Tür mass halt auch immer nachgeschnitten werden :o))

Noch ein paar Eindrücke aus Dorze...
...das mit dem Weben muss ich natürlcih auch gleich probieren (nach 2x ist mir schon die Spindel gerissen..ist vielleicht doch nicht meines... ;o)


....Wasserpfeife probieren auf dem Mercato unter den strengen Augen der weiblichen Dorfältesten....

...und natürlich darf auch die traditionelle Kaffeezeremonie nicht fehlen....


Danach gings weiter nach Arba Minch, wo wir uns in der Paradise Lodge einquartiert haben, die ihrem Namen wirklich alle Ehre macht...wirklich zu schade, dass wir nur eine Nacht hier waren. Seufz.....

Aber am nächsten Morgen gings jaq schon weiter in den Nechisar National Park, ich glaub die folgenden Bilder sagen schon alles...

..das ist im übrigen der STrand wo wir 1 min später an Land gegangen sind....




...was man da rechts unten blau im Eck sieht ist der Rand unseres Bootes, wir sind also in echt wirklich nur 40cm!!!! von den Nilkrokodilen weg, absolut beeindruckend, an die Nilpferde kann man nur 10-15m ran, die sind nämlich weitaus gefährlicher.....

Von dort gings dann weiter Richtung Süden wo, die Konso leben, das "nördlichste" Volk aus Südäthiopien, wir haben eines Ihrer Dörfer besucht, das im Volksmund NewYork heisst wegen den eigentümlichen Sandstein"Hochhäusern am Dorfrand.

Die Konso sind berühmt für Ihre Kriegerdenkmäler, lebensgrosse Figuren auf dem Dorfplatz, die einen Penis auf der Stirn haben...leide,leider hat natürlich NewYork keinen Krieger mehr und für die Nachbardörfer hat die Zeit gefehlt...hier unten fährt man nämlich nur 10-15km/h auf den Strassen und die Abstände sind durchaus schon mal >25km.....
Hier mal so ein Eindruck von einem Konso-Grundstück incl. Umzäunung.

Die Konso selbst tragen so eine Art gestreifte Tracht, die Frauen als Röcke, die Männer als kurze Hosen, die v.a. bei den Männern so ein bischen an die Schweizer Garde im Vatikan erinnert. Leider hab ich keine Photos von den Bewohnern, da das hier extrem schwierig ist mit dem Fotografieren und nicht gern gesehen ist.

Tja und anschliessend sin wir wieder Richtung Norden aufgebrochen...natürlich nicht ohne auf dem Weg noch 2x die fast obligatorische Reifenpanne zu haben.....



Wir haben dann noch einen Zwischenstop etwas südlich von Addis eingelegt, in Debri Zeit, in einer Lodge eigentlich wunderschön gelegen an einem Vulkankratersee...

...aber natürlcih kein Strom, damit kein warmes Wasser und Regen!!!!!

(Den hatten wir Gott sei Dank im Süden überhaupt nicht, da war es überall schön.)

Und zum Abschluss noch ein Bild von der Fahrt vom Ghibe-River der sich in einem der Nachbartäler seinen Weg gesucht hat, laut unserem Guide war da vor 4-5 Jahren im Tal noch fast alles Wüste, unglaublich, oder?????

und noch ein paar Kilometer hinter den Bergen im Hintergrund kommt dann Jimma, wo wir mittlerweile wieder heil angekommen sind und wieder dem ganz normalen chaotischen Alltagswahnsinn fröhnen.... :o)))))

PS: Wie maqn übrigens erkennen kann, ist Äthiopien in den meisten Teilen ziemlich grün!!!!!!!