Dienstag, 29. Juni 2010

Das Spital....

Mein Tagesablauf:

6:45: Gemeinsames Frühstück –ziemlich europäisch angehaucht, ausser der Mangosaft und die frischen Avocados als Brotaufstrich
















7:20: Abmarsch Richtung Spital, das ja bekanntlich noch von den Italienern noch für Militärzwecke in den 30ern erbaut wurde, hier der Haupteingang des Universitätsspitales von Jimma :o)):





















Unser Weg führt uns zu unserem Office rechts an diesem wunderbaren Schild vorbei was vor 4 Wochen vom Sturm umgerissen wurde und jetzt praktischerweise immer noch am Boden steht.

Danach passiert man dieses wunderbare Gebäude...

...es wird gesagt dass hier ab und an wirklich telemedizinische Konferenzen mit Boston!!! abgehalten werden, ich habs noch nie erlebt........

7:50: kurzes Vorbeischauen auf Station ob man bereits irgendwelche Aufnahmen der Nacht findet (erkennt man meitens an insuffizienten Gipsen und unnatürlich verrenkten Extremitäten) Das ist der Eingang zu unserer Station, dem Ward Surgical C:












8:00: Morgenrapport der Chirurgie. Ohmeiohmeiohmei, ich versuch den mal kurz in Worte zu fassen: Da sitzen die drei diensthabenden Interns (studenten im letzten Jahr) vorne und versuchen in meist unverständlichem und geflüsterten Englisch, die Aufnahmen, Operationen und Verstorbenen der letzten Nacht an +/- 50 Ärzte weiterzugeben, wobei ab der 2.Reihe fast kein Wort vertanden wird, und die meisten „Zuhörer“ eh erst frühestens um10 nach8 hereinspaziert kommen. Diese Patienten sind meist absolute Katastrophenfälle, offene Schädelhirntraumen, veraltete offene Frakturen, Messer oder Schussverletzungen, immermal wieder ein Darmverschluss aus den verquersten Ursachen UND……Abszesse an allen Möglichen Orten und in jeglicher Grösse.

Die Vorstellung selbst ist dann zudem völlig insuffizient, die wichtigsten Punkte fehlen zu 90%....

Wir gehen normalerweise nach den traumatologischen Vorstellungen auf Station, weil der Rapport -wie aus o.a. Gründen zu erwarten- meistens seeeehr lange geht.

Dort beginnt die Verbandsrunde. Wir besprechen am Vorabend die Verbände und Wunden die wir persönlich sehen wollen, das wechselt täglich, je nach individuellem Verlauf, damit wir eine –durchaus wahrscheinliche- Verschlechterung rechtzeitig mitbekommen. Die übrigen Verbände werden durch mehr oder weniger motivierte Pflegende durchgeführt, die sind dann meistens“ very good, no Pus“…………egal wie die Wunde tatsächlich aussieht.


Wobei es gibt wirklich auch gute Leute auf der Station, das muss man auch sagen und auch die weniger fähigen sind meistens unheimlich nett :o))).



Kleine Übersicht über die Station, oben sind wir im Patientenzimmer,zu Erinnerung 8 Patienten plus doppelt so viele Angehörige, unten ist unser Korridor, weil ja der Platz nicht ausreicht. Wie man sieht liegen die Patienten aufgereiht auf dem Gang, wobei darauf geachtet wird, dass die frischoperierten dann doch in die Zimmer kommen -gelingt aber nicht immer _chronisches Platzproblem.....

So ab 8:30 muss man sich darum kümmern dass der erste Patient in den OP kommt, wobei nicht sicher ist ob er da auch ankommt..und wenn er dann ankommt, ob überhaupt Anästhesie da ist und –man höre und staune- ob der Pat. unterschrieben hat für den Eingriff, weil ohne Unterschrift keine Narkose und ohne Narkose keine OP….

Individuell zwischen 9-10hr (meistens aber eher zweiteres): Schnitt

kleine OP-Einblicke gefällig?

Bitte....


...hier unser traumatologischer Saal, wirklich schön gross, ab und zu gibt es halt keinen Strom, damit kein Licht, keine Druckluft, kein O2, kein Halothan oder die Lampe lockert sich und operiert dann auch noch mit..... :o))


Mo, Mi, Dogeht unser OP-Tag bis 14:00, da am Mo und Do grosse Teaching Visite ist und am Mittwoch ab 14 Uhr Sprechstunde

Di und Fr geht unser Saal eigentlich bis 16:00 Uhr, aber alle diese Zeiten sind seeeeeeehr variabel und dementsprechend werden Patienten häufig verschoben oder auch schon aus dem OP wieder zurüchgeschoben (z.B. Stromausfall, keine Anästhesie, Kein Sauerstoff, oder der Patient überlegt es sich auf dem OP-Tisch plötzlich noch anders)

Tgl 16-17:oo (leider variabel wär aber mein Ziel in den nächsten Wochen): Besprechung der Röntgenbilder des Tages (ich hab hier noch NIE zwei saubere Ebenen gesehen, es sind alles die wildesten Schrägaufnahmen auf z.T. ziemlich kaputten Filmen), Festlegung des OP-Programmes für den nächsten Tag sowie der Verbandsrunde

Ab 17:00 frei………..theoretisch..... :o))))

PS:

Die Sprechstunde ist meistens ein wahres Kuriositätenkabinett. Zum einen kommen die Nachkontrollen der letzten Wochen -Qualitätssicherung muss ja sein- zum anderen kommen die Menschen mit den verrücktesten Sachen. Da stehen manchmal Platten seit Jahren aus der Haut, stört die Leute aber nicht, oder sämtliche in Fehlstellung oder gar nicht verheilte Brüche, die dann entweder zu den verrücktesten Stellungen der Arme oder der Beine führt oder eben zu einem entsprechenden Wackeln da wo sicher keine Gelenke sind......

Knochentumoren in grotesken Ausdehnungen, seit Jahren-Jahrzehnten bestehende Verbennungsnarben, Klumpfüsse, Rachitiskinder, die furchtbarsten chronischen Knochenentzündungen -wo überall Eiter rauslaufen kann- einfach alles und noch viel mehr..... und für alles braucht man immer Übersetzer weil fast alle Patienten kein Englisch können.

Und dann ist es wie immer: Man erklärt dem Patienten ausführlich ca 5min um was es geht und was wir planen, und dann lässt man den Intern übersetzten.....das sind dann ca. 10-15 Worte?!?!??!?!?!?!?!? Und auf meine Anmerkung das meine 5min englisch doch nicht den 15 Worten amharisch entsprechen können, ernte ich dann immer ein ganz beflissenes Kopfnicken, dass sicher alles übersetzt wurde..........wers glaubt......... ;o)

Montag, 28. Juni 2010

Kochen

Mal was zum Thema Essen:
Der Äthiopier hat seine Leib und Magenspeise -Injera!!!!! Das ist eine Art Fladen aus Sauerteig und wird mit x- verschiedenen Saucen, mit und ohne Fleisch, zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen verspeist. Es kann damit natürlich auch Salat, Spaghetti oder Reis gegessen werden Ist nicht jedermanns Sache, ich hab das Glück, dass es mir wirklich gut schmeckt und so ess ich es halt -fast jeden Tag, da es bei uns im Op mittags natürlich auch Injera gibt. .....
Neulich haben wir das erste Mal unter tatkräftiger Unterstützung einheimisch gekocht, dafür muss man zuerst mal einkaufen-zuerst Fleisch in der Metzgerei(das Kreuz an der Seite heisst übrigens das hier Christen einkaufen)..Wie man sehen kann ist die Metzgerei mit den Fliegenumflofegenen Fleisch für unsere Vorstellung etwas ungewöhnlich :o))).....


Also, nach dem Einkaufen von Fleischt holt man nebenan Gemüse (da gibts natürlich auch Obst, die Bananen erkennt man ja hängen) und Injera -wen wunderts- kann man in fast jeder Bäckerei erwerben. Anschliessend haben wir dann in der Campus-Küche von der Landwirtschfts-Fakultät erst schön vorbereitet, dann gekocht und dann gegessen:

Es gab Tibs, Tibs wat, Beienat ba angola :o))))) LECKER!!!!!!!!








































Freitag, 25. Juni 2010

Auf dem Radl

Letztes Wochenende waren wir richtig mutig!!!!!!! Nein wir haben uns nicht mit irgendwelchen Krokodilen oder einheimischen Macheten -oder Kalaschnikowträgern auseinandergesetzt -viel mutiger- wir haben uns Fahrräder gemietet, sogar laut Aussage des Verleihers, MOUNTAINBIKES!!!!!!!!. Das hier ist im übrigen der Fahrradverleih -es ist der bestausgestattete in Jimma... ;o)))))
Wie man sieht hervoragende Bikes...... Im ersten Moment hab ich es für einen schlechten Scherz gehalten als ich das erste Mal in meinem Führer gelesen habe, dass man, wenn man schon auf die aberwitzige Idee kommt sich Fahrräder zu mieten man folgende Punkte beachten sollte:
Das Fahrrad sollte Bremsen haben und die sollten auch noch funktionieren; man muss überprüfen ob Pedale dran sind und die sollten dannn auch noch nach mindestens 10 Umdrehungen dran sein, die Reifen sollten fest sein und wenigstens etwas Luft haben.......
Pedale hatten unsere Bikes, die Bremsen...naja, die Vorderradbremsen waren entweder im Nichts endende Kabel oder die Bremsbacken zeigten einfach in die Luft. Die Hinterradbremsen immerhin haben dann doch zu einem minimen langsamer werden geführt :o) Luft wurde vor der Abfahrt nachgefüllt und die Gangschaltung war nur zu bedienen, wenn es einem gelang die Kette während der Fahrt mit dem Fuss auf ein anderes Kettenblatt zu manövrieren.....
Nach einigem hin und her hatten wir alle unsere Mountainbikes -es gibt wirklich "normale" Fahrräder auch aber die erfüllen dann definitiv keines von o.a. Kriterien.... :o)
Bruk ist unser einheimischer Führer -normalerweise Anwalt- und er ist jedes Wochenende mit dem Fahrrad unterwegs!!!!!! Wir haben dann eine wirklich wunderschöne Tour gemacht, ich hab einfach mal ein paar Impressionen angehängt...und sogar ca 100-150 Höhenmeter waren drin, rauf mit nur einem Gang unter runter fast ohne Bremsen...Abenteuer!!!!!








































































































Mittwoch, 16. Juni 2010

Geburtstag

.......man kann auch wunderbar seinen Gegurtstag hier verbringen,

am morgen entspannt Geschenke auspacken.......






























.....dann noch schnell zum Schuhputzen.....



























































.........und danach zum Feiern....!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! :o)))



Auf diesem Bild sind links oben:
Isabell, eine Münchner Studentin, die hier Ihre Doktorarbeit macht
links unten:
Linda, die hier die letzten 3Monate -nicht nur im OP den Laden geschmissen hat
in der Mitte Hussein, einer unserer Freunde mit dem wir die Gegend hier erkunden
rechts unten:
Frederike, mit der ich hier die nächsten 2 Monate durch dick und dünn gehe














und hier Isaak und Samuel zwei völlig Fussballverrückte Brüder von denen Issak (links)holländisch lernt und Samuel (rechts) deutsch.























Montag, 14. Juni 2010

Mein Alltag

Mittlerweile sind wir ins Haus gezogen, die Gegend wo wir wohnen ist so ca 20min zu Fuss vom Spital entfernt.

Zu Jimma muss man vielleicht noch wissen, dass hier nur 2 Strassen asphaltiert sind, an der dritten arbeiten sie gerade...und gut Ding will Weile haben, v.a. auf diesem Kontinent :o) Die Strassen sonst besteht entweder aus so einem Lehm-Sand-Gemisch oder sind ziemlich verwegene, verschlungene Pfade.

Hier sieht man unsere Strasse und auf Höhe der grossen Laterne da wo man links davon den Mangobaum sieht ist unser Eingang.






Und da hier gerade der Beginn der Regenzeit ist, wo es zwar -meistens- nur kurz, aber dafür sehr heftig regnet, kann man sich den "Strassenzustand", der dann wirklich ein Zustand ist ja gut vorstellen...Gott sei Dank hab ich ja diese wundervollen Gummistiefel bekommen, die sind hier wirklich Gold wert.

































Noch ein paar Impressionen aus der direkten Nachbarschaft:











































Zu unserem Haus:

Das Häuschen selber ist sehr ordentlich, wir haben einen schönen Garten und an unserer Gartentür hat unser Wächter seine ca 1x2m grosse -ja noch nicht mal- Hütte, der gut auf uns aufpasst. Dann haben wir eine sehr gemütliche Terrasse von der aus man in den Wohn-Essbereich kommt, von einem Flur gehen dann die zwei Schlafzimmer ab, ein kleines nach hinten, ein grosses nach vorn (mein Zimmer :o)),das Badezimmer und die Küche.





Das Bad ist für äthiopische Verhältnisse der ware Luxus, mit Badewanne, Boiler UND Sitztoilette!!!!

Dazu muss man natürlich ein paar Anmerkungen machen, die Wasserzufuhr vom Klo muss man vor Benutzung aufdrehen und danach gleich wieder zu, sonst haben wir in kürzester Zeit eine Überschwemmung. Toilettenpapier wirft man nicht ins Klo, da es sonst bei den minimsten Papiermengen verstopft -dafür gibts eine Tüte gleich daneben, die wir halt regelmässig wechseln. Der Boiler ist super -wenn Strom da ist- man muss ihn blos ausschalten wenn man ihn nicht benutzt, weil man ja nie weiss wann und in welchen Mengen Wasser da ist und er sonst durchbrennt. Aber wenn Wassser und Strom da sind, ist die Dusche super!!!!!!!! Überhaupt das Wasser, meistens ist ab Mittags keins mehr da, und daher stehen im Bad grössere Mengen in Flaschen und Kübeln bereit....man kann sich ja vorstellen Klospülung ohne Wasser und auch das anschliessende Händewaschen..... :o) Ja und dann wär da noch der Strom, der ist auch ziemlich unberechenbar, wenns regnet ist er meistens eh weg und auch sonst ist er manchmal 3-6x pro Tag für unberechenbare Zeit weg (was für die Operationen übrigens auch der absolute Hit ist, dazu aber ein andermal mehr).

Wenn es stark regnet sind das Wohnzimmer und mein Zimmer nicht dicht, dann steht es hier unter Wasser, dann sind wir hier halt barfuss unterwegs und versuchen das hereinkommende Wasser mit Handtüchern aufzunehmen und in die Badewanne zu wringen, was meistens gut funktioniert. Und meistens ist es nach dem Regen eigentlich auch immer schnell wieder trocken :o)))

Zum Einkaufen gibt es hier an allen Ecken und Enden Geschäfte, wobei, die Definition "Geschäft" wie wir sie kennen hier nicht ganz zutreffen ist, oder besser gesagt, sie passt überhaupt nicht. Es sind einfache unscheinbare Baracken am Wegesrand, wo die Leute auf max. 2qm ihre Ware anbieten, ein Foto von unserem Bäcker ist zu sehen.




Zwei Supermärkte, die so annähernd unserer Vorstellung entsprechen gibts hier auch und je nach Lieferung kriegt man hier wirklich ziemlich viel. Von Chips, Drogerieartikeln, Cornflakes bis hin zu Nutella oder Thunfisch aus der Dose……







Hier ist noch unser Alltaggeschäft für Wasser, Cola, Mangosaft etc.....




Sonst haben wir noch den Mercato, wo man wirklich -fast- alles was man braucht oder auch nicht bekommt, man muss nur lange genug suchen und danch mindestens nochmal solang um den Preis feilschen :o)))



Montag, 7. Juni 2010

Meine ersten Tage...

2.6.10:

1.Tag : Wir sind von Addis nach Jimma geflogen, das Wetter war eigentlich angenehm warm nd in Jimma hat uns dann gleich der Kindergarten, der an dem Tag Ausflug an eben den Flughafen hatte empfangen. Eine Horde in Orange Sicherheitswestchen gekleidete, winkende Afrikaner zwischen 4-6 Jahren. Was für ein Empfang! Abgeholt worden sind wir von Linda, die als einzigen Fahrer den chirurgischen Spitaldirektor, Dr. Chuchu, aufgetrieben hatte--absolut sensationell :o) Und unser Fahrzeug war ein Ambulanzwagen, nicht ganz rostfrei, in den dafür unser ganzes Gepäck problemlos gepasst hat ;o)


Die erste Fahrt durch die Stadt...sehr wenig Asphalt, viel staubiger, Sand-Lehmboden, eher eine Buckelpiste. viele Baracken, kaum Häuser, aber dafür brodelt das Leben hier. Überall sind Kühe, Pferde und Schafe auf der Strasse, die unter keinen Umständen angefahren werden dürfen, was für die ebenfalls streunenden Hunde und Katzen nicht gilt!!!! Und sie fahren hier mit ihren Minibussen und Bajajs (afrikanische Tuktuks wie die Henker-und das ist noch untertrieben)..selbstverständlich sind auch noch genügend Eselskarren unterwegs, die mal links, mal recht überholt werden.

Momentan sind wir im Hotel untergebracht bis in unserem Häuschen wieder ein bischen mehr Platz ist, passender Name des Hotels: "Honeyland"

Nach kurzer Rast dann mit einem der hier üblichen völlig überfüllten Taxibusse ( normal für 9 Personen, meistens mindestens 20) ins Hotel Jimma Central zum Einstiegskaffee und anschliessend auf den Mercato. Der ist wie man sich einen afrikanischen Markt vorstellt. Es gibt einfach alles vom Gemüse, Kleidung, Handwerker, Möbel -wenn man das so nennen will, etc. meistens nach Strassen geordnet. Ein einziges Gewusel. Und als Weisse ist man hier einfach die Sensation, ob jung oder alt man ist einfach "You" und so halt einem ein hundertfaches "youyouyouyouyouyouyouyou.........." hinterher und für die Kids ist nichts schöner als einem die Hand zu geben...aber wehe man hat einmal angefangen...

Auf demRückweg haben wir dann Jimmas grössten Fussballfan getrofffen "You know Ballack?", und so haben wir gleich am ersten Tag Einblick in die Fussballbar Jimmas erhaltern, das "Yellow Dream" und uns für die Fussball-Wm schon mal eingeladen.
Abends waren wir dann mit einem Haufen Einheimischer und Forenjees, wie hier alle Weissen genannt werden in einem wunderbaren einheimischen Lokal essen, das erste mal das äthiopische Nationalgericht, Injera mit allem möglichen Fleisch.
Gegessen wird hier immer mit der Hand und zwar mit der rechten, gaaanz wichtig......

3.6.10
1. Tag im Spital, ja was soll ich sagen unbeschreiblich. Das Spital selber ist initial von den Italienern im Krieg fürs Militär erbaut worden und eigentlich hat sich seither nichts, aber auch gar nichts geändert. Die unfallchirurgische Station, die hier orthopädischer Ward heisst verfügt über 6 Zimmer a 8 Betten, und einen Korridor auf dem eine nicht immer genau def. Anzahl Patienten liegt, meistens so um die 10. An in und um die Patientenbetten befinden sich 2-5Angehörige, die sich um die Patienten kümmern, dieSchwestern und Pfleger so wie wir sie kennen sind zwar vorhanden aber praktisch inexiastent. Die Station wird von ein paar Interns versorgt, aber ich bin noch nicht ganz schlau, ob es sich hier um Studenten oder junge Assistenten handelt, aber ich befürchte zweiteres. Freundlich sind alle, aber nur die wenigsten kann man zu effektiver Mithilfe bewegen.
Was da auf der Station so liegt gleicht einem Gruselkabinett, das meiste sind Pat. mit verchleppten, teilweise Monate!!! offenen Frakturen die jetzt eine chronische Osteomyelitis haben,d.h. der Eiter läuft einfach mal aus dem Knochen und bahnt sich seinen Weg, wohin auch immer. Viele der Patienten sind Kinder, das jüngste momentan ist 1 1/2. Alle Patienten über 60 sind uralt....

Die hygienische Situation ist sehr gewöhnungsbedürftig, Wechseln der Bettwäsche erfolgt alle paar Wochen bis Monate, egal wieviele Patienten seither mit welchen grusig sezernierenden Wunden seither darin lagen ( Bettwäsche heisst hier eine muntere Ansammlung verschiedenster Wolldecken). Dementsprechend kann man sich vorstellen wie der Grundgeruch hier so ist. Ein Kollege hat in mit dem Affenkäfigen im Zoo verglichen und das triffts eigentlich erstaunlich gut....

Der OP...wir haben das Glück, dass unser Saal relativ gross ist, die chirurgischen Säle (2 Stück) sind in etwa die Hälfte von unserem, dafür ist er ein bischen ab vom Schuss ca 2 Ecken und 30m weiter vom Aufenthaaltsraum incl. Fernseher entfernt und daher ist vor und auch -während der Op, sowohl, die Pflege wie auch die Anästhesie, wie auch die Assistenten nicht immer gleich greifbar oder plötzlich verschwunden.......

Die Operationen selber....naja semisteril triffts wahrscheinlich ganz gut, Material ist eigentlich vorhanden, wenn auch eine bunte Mischung aus allem. Das bedauerlichste ist aber, dass der BV, also unser mobiles Röntgengerät zwar vorhanden, aber seit knapp 1 1/2 Jahren kaputt ist und scheinbar nicht reperabel. Somit werden traumatologische Routineeingriffe zur echten Herauforderung.......
Ansonsten ......werden die Mundschutze, Hauben und Bauchtücher schön gewaschen und dann an langen Leinen in der Sonne zum Trocknen aufgehängt. Unsere -eigentlich-Einwegmundschutze tragen wir den ganzen Tag und müssen sie dan,n wenn wir sie wegwerfen, völlig zerfusseln, weil sie sonst aus dem Abfall gefischt und bis zum St. Nimmerleinstag weiter benutzt werden....

Was ganz was tolles ist die Cafe-Lounge, eine völlig abgehalfterte türkis-grüne Baracke -die den besten Kaffe von Welt hat und eigentlich ur-gemütlich ist, mann muss blos aufpassen, dass einem die wirklich leckeren Egg-Sandwiches weder von Geiern noch von Affen aus der Hand geklaut werden.....


Abends Pizza!!!!! und Pommes mit wieder einem bunt gemischten Deutsch-Kanadisch-Belgisch-Schweizerisch-Holländisch-Äthiopischen Haufen.

4.6.10
Heute ist es das erste mal Ernst geworden für mich im OP. Nach meinem ersten offiziellen Morgen-Rapport-sämtliche Assisstentenaussagen hätten bei uns zur sofortigen Aberkennung sämtlicher ärztlichen Befugnisse geführt- habe wir zufällig auf dem Korridor eine Pat mit Bullet-injury -natürlich Kalaschnikow und natürlich schon 4d alt-mit Durchschuss des proximalen Femurs (oberer Oberschenkel) mit entsprechender Zertrümmerung"gefunden". Die fallen hier scheinbar vom Himmel auf unsere Station, da im Rapport unter Neueintritten nichts berichtet worde..soviel zur Assistentenqualität, ABER Ausnahmen bestätigen die Regel, es gibt schon eine Handvoll wirklich bemühte und gute Assis.
Die Versorgung war sozusagen meine Jungferntaufe hier, jetzt bin ich ja mal auf die postop-Röntgenbilder gespannt, da wir ja währender OP diesbezgl "blind" operieren.....


Ach ja noch so ein Eigenart hier.. es gibt äthiopische Zeit: Und nach der ist heute der 27.9.02 und statt 22:00 Uhr 4a.m. (hier gilt der julianisch Kalender).....
Abends hat uns dann das erste Mal so richtig ein voller Regenguss erwischt. Es ist jetzt die sog. kleine Regenzeit, die grosse beginnt dann im Juli und bisher hat es so 2-3x am Tag für ne halbe Stunde geregnet5. Aber heute waren in Sekunden die Strassen Schlammbäche und wir nicht nur nass sondern auch völlig verschlammt. Im Haus angekommen haben uns Linda unf Frederike erzählt, dass sie vor der Haustür mit dem Messer angegriffen worden sin, sich dank der sofortigen Gegenwehr von Linda mit ihrem Regenschirm aber retten. konnten. Darauf haben wir uns von Ben nach Beendigung des Regens als Begleitschutz mit Machete zum Hotel bringen lassen, was eigentlich nur knapp 400m entfernt liegt....

5.6.10:
Heute war volles Programm incl Sightseeing angesagt. Zuerst haben wir uns mit der altbewährten internationalen Mischung am Bus Terminal von Jimma getroffen um dann mit einem local Bus nach Seka zu fahren. Die Busfahrt an sich ist schon ein Erlebnis, ich hab die Fahrzeit hin ca 1-1 ½ genutzt um mal wenigsten von 1(and) -10 (assir) zählen zu lernen. Selbstverständlich hat sich der ganze Bus bemüssigt gefühlt mich beim Lernen zu unterstützen. Dort angekommen haben wir dann eine Wanderung zu einem wunderschönen Wasserfall gemacht, zu dessen Füssen man auch baden konnte…ich war zu feige –die Schistosomen grüssen-und hab mich nicht getraut ;o).


Wie immer wenn man hier abseits unterwegs ist schliesst sich eine Horde Kinder an um einen zu begleiten und anzuschauen. Abgeschlossen haben wir unseren Ausflug mit einer äusserst gemütlichen „tej“-Rundein einer einheimischen „Kneipe“ , einem einheimischen Honigwein mit wechselndem Methanolgehalt…..man sollte mit dem Trinken nur abwarten bis sich die Ausflockungen an den Glasboden gesetzt haben :o)


Für den Rückweg haben wir dann eine kleinere Busversion erwischt, man knan schon fast sagen einen Sprinter der in knapp 40 min zurück in Jimma war….echte Kammikazefahrt, aber nicht ohne einen hohen Unterhaltungswert.

Zurück in Jimma hat uns Thomas noch die mission of charity gezeigt, dort leiten acht Schwestern von Mutter Theresa die Mission mit knapp 400 Betten. Was Sauberkeit, Hygiene und Menschlichkeit angeht ein Lichtjahr, wenn nicht Lichtgalaxien Unterschied zu unserem Krankenhaus. Mal schauen, wenn ich Zeit hab wird ich dort vielleicht 1x im Monat kleine Operationen ambulant durchführen, aber da muss ich erstmal meinen eigenen Rhythmus gefunden haben und das dauert noch……

Abends dann noch Verbandsvisite im Spital, wir haben nur alkoholhaltige Lösungen zum desinfizieren und säubern der Wunden –es ist unbeschreiblich wie V.a. die Kinder hier schreien, man fühlt sich selber hundeelend sie so zu quälen…und Schmerzmittel gibt es hier auch nicht, maximal 1 Zäpchen Paracetamol.